Die Zither kennen viele durch den ikonischen Soundtrack von „Der Dritte Mann“ mit Orson Welles. Auf dem Doppelalbum DIENZ ZITHERED wird das Instrument in eine völlig neue Klangwelt entführt.
Christof Dienz, den seine Freunde Toffi nennen, erhält 2002 von den Klangspuren Schwaz einen Kompositionsauftrag für Zither. Da er keinerlei Spielkenntnisse besitzt, nähert er sich dem Instrument spielerisch, wie ein Kind, das eine neue Welt entdeckt. Ausgehend von diesen ersten Klängen entwickelt er eine eigene musikalische Sprache und sprengt damit die Grenzen der Vorstellungskraft, was man von einer Zither erwarten würde.
Für seine Kompositionen verwendet er einen Looper. Mit diesem Gerät kann man Tonsequenzen aufnehmen, die auf Knopfdruck als Endlosschleife wiedergegeben werden. Anschließend können weitere Schichten hinzugefügt werden, während die zuvor aufgenommenen Loops erhalten bleiben. Die Uraufführung sollte ein Zither-Solist spielen, der mit der Technik aber nicht umgehen konnte. Das Konzert musste abgebrochen werden. Toffi entschied sich daraufhin, das Projekt künftig selber auf die Bühne zu bringen.
2004 ruft er mich an, ob ich ein Doppelalbum für sein Solo-Zither-Projekt produzieren möchte. Da ich ihn schon lange kenne und weiß, dass er spannende Projekte umsetzt, sage ich gleich zu. Zwei Monate später kommt er nach Konstanz, wo wir die Zitheraufnahmen in meinem Wohnzimmer realisieren.
Die Aufnahmen hatte ich 2006 für einen Pressetext wie folgt beschrieben:
Zwei Typen sitzen mehrere Tage im Wohnzimmer, dicht gedrängt an einem Tisch. Es wird gegessen, getrunken, geschlafen, gehirnt, gehört, debattiert. Es wird gepupst, geschwitzt und ausgedünstet – keiner kann der Nähe entkommen.
Der eine verharrt regungslos, völlig in sich gekehrt. Sein Kopf ist gesenkt, als säße sein Bewusstsein im Gehörgang. Jeder Klang, der durch den Raum schwirrt, wird von ihm aufgesogen, zerlegt und durch das Trommelfell in seine Wahrnehmung geschleust. Ist der Loop ok? Klingt die Büroklammer gut? Ist das Instrument gestimmt?
Jenseits dieser introvertierten Welt agiert der andere – fokussiert, sein Equipment im Visier. Er stellt Verbindungen her, pegelt Mikrofone ein, prüft Möglichkeiten. Der ganze Kerl, angespannt wie ein Brett von Kopf bis Fuß. Er atmet tief durch, bevor er beginnt, den ersten Track aufzunehmen. Dann, aus einer kurzen Stille heraus, schwingen Zitherfetzen durch den Raum, die gleich wieder in der zeitlosen Weite verschwinden. Immer wieder! Immer wieder! Ein leichtes Lächeln huscht über sein Gesicht, während Hunde in der Ferne bellen.
Genau so war das!
Die erste CD des Albums überrascht mit Klängen, die eher an elektronische Instrumente erinnern – doch jeder Ton stammt von der Zither. Unfassbar! Toffi erzeugt vollkommen neue Sounds mit Büroklammern, Holzstäben, Stimmgabeln, Filzklöppeln, Gitarrenverstärkern, Plektren und anderen Gegenständen – seine Spieltechnik unterscheidet sich dabei grundlegend von herkömmlichen Methoden. Die Loops erstellen wir mithilfe einer DAW und kreieren daraus komplexe, rhythmische Klangfelder.
Für die zweite CD senden wir das Ausgangsmaterial an Musiker aus ganz Europa und bitten sie, ihre eigenen Remixe zu erstellen – darunter DJ DSL (G-Stone), Rupert Huber (Tosca), CayTaylan (Couch Records), Louis2000, MFloyd, Martin Brandlmayr (Radian), Christian Martinek (Musikpark) und Johannes Strobl (Paloma, Berlin). Auch ich habe einen Remix beigesteuert.
Mit diesem Album erweitert Toffi die musikalischen Grenzen und schafft wohl eine der ungewöhnlichsten Klangwelten der modernen Musik.
Das „Zithered“-Projekt führte Toffi zu Auftritten in London, New York, Barcelona, Lissabon oder Mexiko City und brachte ihm zahlreiche Auszeichnungen ein. Später lässt er sich eine E-Zither bauen, die bei Konzerten über Pickups verstärkt werden kann. Seitdem bestimmt die Zither einen großen Teil seines musikalischen Lebens.
Christof Dienz, ein klassisch ausgebildeter Musiker aus Tirol, hat eine vielseitige Karriere hinter sich. Als Bandleader der Knoedel tourte er um die Welt, als Fagottist spielte er an der Wiener Staatsoper. Seine Kompositionen wurden von renomierten Ensembles auf internationalen Festivals aufgeführt: Klangforum Wien, ORF Radio-Symphonieorchester Wien – Klangspuren Schwaz, Transart Bolzano, Steirischer Herbst, Tiroler Festspiele, Arena Festival Riga, Moers Festival, Mimi Festival, Jazzfestival Saalfelden, Jazzfest Vienna, Popkomm Berlin, Midem Cannes u.v.a. Seit 2023 ist er der künstlerische Leiter des international renommierten Festivals für Neue Musik, die „Klangspuren Schwaz“ in Tirol. Er musizierte mit Marc Ribot, Zeena Parkins, Terry Bozzio, Miriam Makeba, Jim Black, Wolfgang Puschnig, Lukas Ligeti, Manu Delago, Lorenz Raab u.v.a.
Es ist mir immer eine große Freude und Ehre, mit ihm zu arbeiten.