BADAWI PROJECT

Neue Sounds aus dem Sudan | Arabische und afrikanische Klänge treffen auf Cajun, Soul, Jazz, Country, Pop

 

 

Nosybé

Eine musikalische Reise zu den Traditionen aus Nubien, zu den Beduinen und den Sufis.

Für das Album „Nosybé“ erfüllte sich der sudanesische Komponist und Sänger Mohamed Badawi einen lang gehegten Wunsch. In enger Zusammenarbeit mit Hubl Greiner versammelte er hochkarätige Musiker*innen aus unterschiedlichen Kontinenten, um mit ihnen seine neuesten Kompositionen zu realisieren. Die musikalischen Geschichten verkörpern einen zeitgenössischen Genre-Schmelztiegel, der auf den Traditionen der Beduinen und Sufis aus Nubien basiert. Das Repertoire und die musikalischen Einflüsse sind vielfältig: arabische und afrikanische Klänge treffen auf Elemente des Cajun, Soul, Rock, Funk, Balkan, Jazz, Country und Pop.

Die unkonventionell instrumentierte ethnografische Momentaufnahme sprengt musikalische Grenzen und öffnet Türen in eine fantasievolle, ureigene Klangwelt. Die Musik ist kosmopolitisch, subtil, energiegeladen, markant und immer spannend. Instrumente wie die arabische Oud und eine sudanesische Bongo-Variante geben der Musik eine besondere Note.

Die Aufnahmen zu dem Album finden im Sudan statt, einem Land, das unter einer Militärdiktatur leidet, in dem der Präsident durch einen Putsch an die Macht kommt und repressiv nach einer islamisch-fundamentalistischen Haltung regiert. Trotz der schwierigen Bedingungen im Sudan finden die Menschen Wege, ihre Lebensfreude auszudrücken.

Der Weltmusik-Pionier Roman Bunka hat die Klangwelt des Albums maßgeblich mit beeinflusst. Leider ist Roman einige Zeit nach den Aufnahmen verstorben. Seine Frau Grace Yoon hat ihm zu Ehren die „Roman Bunka Foundation“ gegründet. Diese Stiftung unterstützt junge afrikanische Künstler mit einer Studienförderung. Mohamed Badawi und Hubl Greiner haben sich dazu entschlossen, alle Einnahmen aus dem Verkauf dieses Albums der „Roman Bunka Foundation“ zukommen zu lassen.

Enja Records 2024

Wie kam es zu dem Album Nosybe?

Über Mohamed lässt sich viel erzählen. Er ist ein Weltenbummler, ein Tausendsassa. Er mischt sich ein, übernimmt Verantwortung. Er spricht viele Sprachen und engagiert sich unermüdlich für soziale Projekte. Unter anderem baut er mehrere Schulen im Sudan und in Marokko und leitet das Sudan Education Projekt, eine Initiative zur Bildungsförderung von Straßenkindern und bedürftigen Schülern.

Ich lerne ihn 2005 während der Produktion eines Albums mit algerischen und sudanesischen Künstlern kennen. Nach getaner Arbeit sitzen wir gemütlich im Studio, trinken Tee, rauchen Shisha. Mohamed spielt Oud, zeigt uns seine neuen Songs. Es geht um Aufbruch, Sehnsucht, Liebe, Leid und die Absurditäten des Lebens. Mohamed und seine Lieder begeistern mich so sehr, dass wir drei Wochen später im Flieger sitzen, um erste Aufnahmen für ein neues Album zu machen.

Wir reisen in ein Land, das unter einer Militärdiktatur leidet, in dem der Präsident durch einen Putsch an die Macht kommt und repressiv nach einer islamisch-fundamentalistischen Haltung regiert. Gewalt, wirtschaftliche Instabilität und eine prekäre humanitäre Lage prägen den Alltag. Menschenrechte, Meinungs- und Redefreiheit haben keine Bedeutung. Mohamed schreibt seit Jahren kritische Kolumnen für sudanesische Medien. Dabei geht es um Themen wie politische Dekadenz, Demokratie, Beschneidung und Zwangsheirat von minderjährigen Mädchen. Er gerät ins Visier des Geheimdienstes. Wir werden überwacht, von den Behörden schikaniert und kurzzeitig inhaftiert.

Trotz der erschwerten Bedingungen machen wir uns auf die Suche nach geeigneten Mitstreiter*innen. Wir suchen fähige Musiker*innen, die sowohl ein weltoffenes musikalisches Verständnis als auch tiefe Wurzeln in ihrer Tradition besitzen. Wir haben Glück! Im Tonstudio Anaaqeed in Al-Mulazmin, einem Stadtteil von Omdurman, treffen wir auf zwei hochkarätige Instrumentalisten, die sofort großes Interesse zeigen und sich an unserem Projekt beteiligen möchten. Perkussionist Hatim Mileegi und Akkordeonspieler Mohamed Abdelwahab Kununnu.

Hatim stammt aus der renommierten Mileegi-Familie, deren Mitglieder zu den besten Trommlern des Sudan zählen. Sie gelten als Hüter und Erneuerer der sudanesischen Musik. Als Hatim im Studio zu spielen beginnt, wird es magisch. Er lässt seine Trommeln sprechen, singen, schreien und Geschichten erzählen, als wäre er ein westafrikanischer Griot. Die komplex ineinander verwobenen Rhythmen bringt er mit solcher Leichtigkeit hervor, dass wir Gänsehaut bekommen. Wir staunen, haben enormen Spaß.

Auch Kununnu öffnet mit seinem Akkordeonspiel Türen zu ganz anderen Welten. Es ist eine Freude zu sehen, wie sehr sich die Songs durch sein Spiel verändern. Er erweitert sie unvergleichlich und virtuos mit französischem Chanson, argentinischem Tango oder den Spielweisen der Zydeco-Musik aus Louisiana und dem Mississippi-Delta.

Wir sind total happy über die Aufnahmen mit Hatim und Kununnu, wollen aber weiter über den Tellerrand schauen und erkunden, was wir musikalisch in der arabischen Welt noch so alles entdecken können. Wir reisen deshalb nach Ägypten, um dort weiter an den Arrangements zu feilen. Im Studio der Musikhochschule Kairo treffen wir erneut auf ganz wunderbare Musiker*innen, die mehr in der klassischen arabischen Musik zuhause sind. Wir lassen uns inspirieren und nehmen Violine, Nay, Qanun, Cello, Thablah und einen Chor auf.

Zurück in Europa suchen wir nach einem geeigneten Drummer und Bassisten, um die rhythmische Basis der Songs zu erweitern. Roman Bunka erzählt uns von einem Schweizer Drummer namens Daniel Spahni, der viele Jahre mit dem jamaikanischen Poeten Linton Kwesi Johnson gespielt hat, und dem Bassisten Norbert Dömling, der mit Größen wie Joachim Kühn oder Billy Cobham auftritt. Wieder haben wir Glück: Beide Musiker haben Zeit und Lust, an unserem Album mitzuarbeiten.

Das wirklich Beeindruckende kommt am Schluss: die Zusammenarbeit mit Roman Bunka und Shirley Anne Hofmann. Beide legen sich voll ins Zeug und sind mitverantwortlich für den unverwechselbaren Sound und die herausragenden Arrangements.

Roman bringt eine unglaubliche Leidenschaft und Vielfalt in das Album ein. Leider ist er einige Zeit nach unseren Aufnahmen verstorben. Er war ein Pionier der Weltmusik und bereiste die Welt mit einem unbändigen musikalischen Abenteurergeist, immer offen und neugierig. Er hat nicht nur die deutsche Musikgeschichte mitgestaltet, sondern auch musikalische Spuren im arabischen Raum hinterlassen. Über 30 Jahre lang war er Gitarrist des nubischen Sängers Mohamed Mounir und spielte mit Künstlern wie Mal Waldron, Jean-Michel Jarre und Hubert von Goisern.

Auch die wunderbare Shirley Anne Hofmann begeistert uns ausnahmslos mit ihrem Spiel. Die Multiinstrumentalistin übernimmt die komplette Brass-Section, von der Trompete über Euphonium, Posaune bis hin zur Tuba und dem mächtigen Sousaphon. Ihre Kraft, Virtuosität und Leidenschaft spürt man in jedem Ton.

Die Arbeit an diesem Album war für mich eine der prägendsten Erfahrungen überhaupt. Die Musik, die wir gemeinsam geschaffen haben, ist weit mehr als nur ein künstlerischer Ausdruck; sie ist ein Akt der Hoffnung und des Widerstands angesichts von Krieg, Armut, Angst und Unterdrückung.

Das Leben in Mohameds sudanesischer Familie hat mir tiefe Einblicke in den Alltag und die Kultur dieses faszinierenden Landes ermöglicht. Meine Zeit im Sudan war eine intensive, inspirierende und äußerst bereichernde Zeit. Sie hat meinen Horizont erweitert und mir gezeigt, wie stark der menschliche Geist sein kann, selbst unter schwierigsten Bedingungen. Sie hat mich auch gelehrt, wie mächtig Musik als Mittel des Ausdrucks und der Veränderung sein kann und wie wichtig es ist, für Freiheit und Gerechtigkeit zu kämpfen.

Die Familie von Mohamed musste unglücklicherweise wegen des Kriegsausbruchs im April 2023 nach Ägypten flüchten und verlor, wie so viele Menschen im Sudan, ihre Lebensgrundlage sowie ihr gesamtes Hab und Gut.

Hubl Greiner

 

Badawi Project

Mohamed Badawi im Sudan

Mohamed Badawi (Kompositionen, Gesang, Oud, Percussion)

Der Musiker, Komponist und Sänger Mohamed Badawi ist im Sudan aufgewachsen und stammt aus der angesehenen Sufi-Familie Gadiriyya. Seine musikalischen Wurzeln liegen in Nubien, bei den Beduinen und den Sufis, die seine künstlerische Identität formen. In seinen Liedern verschmelzen die traditionellen arabischen und afrikanischen Klänge des Sudan mit einer Vielfalt stilistischer Einflüsse: von Ethno-Pop über Rock, Funk, Balkan, Cajun, Soul bis hin zu Jazz oder Country.

Roman Bunka, Mohamed

Roman Bunka und Mohamed Badawi

Roman Bunka (Gitarren, Oud)

Zusammenarbeit mit dem Flamenco-Gitarristen „Tomatito“, mit Mal Waldron, Jean-Michel Jarre, Hubert von Goisern, Trilok Gurtu, dem nubischen Sänger Mohamed Mounir, mit dem Geigen-Virtuosen Abdu Dagir aus Kairo, mit Embryo, den Dissidenten, Hamid Baroudi, Blixa Bargeld und vielen anderen. Filmmusik zum Kinofilm „Bin ich schön?!“ – Regie Doris Dörrie, sowie zum Kinofilm „Al Oud“ von Fritz Baumann (Filmpreis 1992 beim Chicago International Film Festival) u.a. >> www.romanbunka.com

„Roman Bunka is one the greatest guitar players I’ve ever had the pleasure to listen to.“ Henry W. Targowski (in Mark/Space, 1996).

Badawi Project

Hubl Greiner und Hatim Mileegi (3.v.r.) Foto: Mohamed Badawi

Hubl Greiner (Produktion, Arrangements)

„Die Arbeit an diesem Album war für mich eine der prägendsten Erfahrungen. Das Leben in Mohameds sudanesischer Familie hat mir tiefe Einblicke in den Alltag und die Kultur dieses faszinierenden Landes ermöglicht. Meine Zeit im Sudan war eine intensive, inspirierende und äußerst bereichernde Zeit. Sie hat meinen Horizont erweitert und mir gezeigt, wie stark der menschliche Geist sein kann, selbst unter schwierigsten Bedingungen.“

Badawi Project

Hatim Mileegiim im Studio, Omdurman

Hatim Mileegi (Percussion)

Hatim Mileegi ist Percussionist und stammt aus der Mileegi-Familie in Khartoum / Sudan. Die Mileegi´s sind in der sudanesischen Tradition Hüter und gleichzeitig Erneuerer der Musikkultur im Sudan. Hatim Mileegi gehört zu den besten Trommlern im Sudan und ist ein großartiger Lehrer mit Schülern aus aller Welt.

Badawi Project

Mohamed Abdelwahab Kununu

Mohamed Abdelwahab Kununu (Akkordeon)

Mohamed Abdelwahab Kununu ist einer der grossen Akkordeonspieler im Sudan. Er stellt das Akkordeon in einen vielschichtigen musikalischen Kontext. Auf der CD „Nosybe“ kombiniert er arabische Klänge mit denen des französischen Chansons oder der Musette-Walzer, mit denen des argentinischen Tangos, dem texanischen TexMex oder der Cajun- und Zydeco-Musik aus Louisiana und dem Mississippi-Delta.

Shirley

Shirley Anne Hofmann (Foto: Bernard Fuchs)

Shirley Anne Hofmann
(Tuba, Posaune, Trompete, Euphonium)

Die Kanadierin Shirley Anne Hofmann studierte Musik an der McGill University in Montreal. Produktionen und Plattenaufnahmen mit: Ripoff Raskolnikov, Dave Holland, Roscoe Mitchell, Julian Priester, The Blech, Mani Neumeier, Nimal, Momo Rossel, Bratko Bibic (Accordeon Tribe) und L‘ Ensemble Raye. Solo-CD´s auf ihrem eigenem Plattenlabel „Label UsineS“. Shirley Anne Hofmann spielte die komplette Brass-Section auf der CD Nosybe.

“Shirley Anne Hofmann is one of the freshest, most promising phenomenen to appear on the European Avantgarde scene.” Jazzthetik

Daniel Spahni

Daniel Spahni

Daniel Spahni (Drums)

Daniel Spahni, der seit Jahren für den Jamaika-Poeten Linton Kwesi Johnson trommelt, spielte u.a. auch mit Elliott Sharp, Archie Shepp, Die Vögel Europas oder Christian „Dodo“ Addor (Débile Menthol). >> www.spahni.biz

Norbert Dömling (Bass)

Norbert Dömling begann in verschiedenen amerikanischen Blues Bands, bis er 1971 die Jazz-Rock-Formation „Missus Beastly“ mit begründete. Norbert Dömling arbeitete zeitweise mit der Rockgruppe „Embryo“, später mit der „Joachim Kühn Band“, „Jasper van’t Hof“, Billy Cobham, Stu Golberg, Trilok Gurtu, Jasper van’t Hof, Charlie Mariano, Ramesh Shotam, Christoph Spendel, Thomasz Stanko, Toto Blanke’s Electric Circus, etc. Heute tritt er vor allem mit dem Projekt „Jazz meets Tango“ auf.

Badawi Project

Tahir Mahmoud im Studio der Musikhochschule Kairo

Musiker aus Kairo und dem Sudan

  • Tahir Mahmoud (Violine)
  • Mohamed Atif Abdel Hamid (Nay)
  • Amro Sawwaf (Qanun)
  • Amro Subhi (Cello)
  • Iman Aliy Ad-din (Chor, Kairo)
  • Marwa Hasan (Chor, Kairo)
  • Wala Mohamed (Chor, Kairo)
  • Iman Mohamed Wadi (Chor, Kairo)
  • Iglal Hashim (Chor, Sudan)
  • Safa Osman (Chor, Sudan)
  • Magdi Shaban Sukkar (Tablah, Bandir)

Aufgenommen im Studio Anageed In Al-Mulazmin in Omdurman (Sudan), im Studio der Musikhochschule Kairo (Universität Asyout), im Studio UsineS in Neuchâtel und in Hubl´s Wohnzimmer in Konstanz.

  • Ahmed Mostafa Saleh (Toningenieur Kairo)
  • Mohamed Bashir Khogåali (Toningenieur Sudan)
  • Musab Anageed (Toningenieur Sudan)
  • Peter Anageed (Toningenieur Sudan)

Produziert und abgemischt von Hubl Greiner

© Fotos: Hubl Greiner

TRACKLIST:

  1. Soudani – 04:48
  2. Nosybe – 04:01
  3. Mande – 03:23
  4. Habibi – 03:45
  5. Burum – 05:04
  6. Diwan – 05:06
  7. Rima – 04:57
  8. Adila – 04:39
  9. Loloo – 04:02
  10. Juba – 03:22

MP3

 

 

 

 

Mohamed Badawis und Hubl Greiners kulturelles und kulturpolitisches Engagement geht weit über die musikalischen Ambitionen hinaus. Beide sind Mittler zwischen den Welten, zwischen ihren Kulturen und Weltanschauungen. Nicht nur als Musiker stellen sie ihr Können und Wissen in den Dienst des Dialogs der Kulturen, der Völkerverständigung und der Aufklärung. Badawi gründete 1984 das „Sudan Education Projekt“, ein umfassendes Hilfs- und Aufbauprojekt, das sich der Bildung von Strassenkindern, Jugendlichen und Studenten im Sudan widmet. Hubl war von 2007 bis 2011 ebenfalls aktiv an der Konzeption zum Aufbau der Universität im Sudan beteiligt. Beide fördern die musikalische Ausbildung von Strassenkindern in Khartoum und Omdurman.

 

www.mohamed-badawi.com