Inuit throat singinging
Kehlkopfgesang in neuem Gewand
…eine musikalische Performance, die weltweit einzigartig ist
Foto: Hubl Greiner / Territorium Nunavut, Kanada
Ich habe Tiffany und Kayley im Januar 2020 während des Nordamerika-Filmfestivals in Stuttgart kennengelernt. Wir haben drei ihrer Stücke im Studio aufgenommen, die ich anschließend bearbeiten und erweitern durfte.
Das Duo
Die Inuit-Frauen Tiffany Kuliktana und Kayley Inuksuk praktizieren seit über 20 Jahren den Kehlkopfgesang (Throat Singing). Sie verbinden die traditionellen Lieder ihrer Heimat mit modernen, zeitgemäßen Kompositionen und schaffen so eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Ihre Songs entstehen durch Improvisation, wobei sie die ursprünglichen Klänge weiterentwickeln und in neue musikalische Kontexte einbetten. Durch den Einsatz von Loops werden einzelne Stimmsequenzen wiederholt, sodass sie zusätzliche Gesangsparts hinzufügen und vielschichtige Klanglandschaften schaffen können.
Der Kehlkopfgesang der Inuit (Katajjaq)
Der Kehlkopfgesang der Inuit, auch Katajjaq genannt, ist eine weltweit einzigartige Gesangsform, die sowohl musikalische als auch kulturelle Besonderheiten in sich vereint. Beim Katajjaq stehen sich traditionell zwei Frauen gegenüber, die ohne Instrumentalbegleitung ein rhythmisch komplexes und polyphones Duett singen. Dabei schöpfen sie aus dem gesamten klanglichen Spektrum, das die menschliche Stimme zu bieten hat: Geräusche, Töne, Atemlaute, Wörter, und Fantasiesprache, deren Bedeutung nicht im Vordergrund steht. Die Sängerinnen imitieren Geräusche aus der Natur, wie das Rufen von Tieren, Wind oder Wasser, und integrieren sie in ihren Gesang. Oft erzählen sie auf diese Weise mythische Geschichten oder alltägliche Erlebnisse, wobei die emotionale und klangliche Bandbreite beeindruckend vielfältig ist.
Kehlkopfgesang: Geschichte und Bedeutung
Der traditionelle Kehlkopfgesang der Inuit war in erster Linie ein soziales und rituelles Phänomen. Er wurde zur Unterhaltung, bei Zeremonien und bei rituellen Trommeltänzen gesungen. Dabei spielte der Gesang eine zentrale Rolle im spirituellen und gemeinschaftlichen Leben der Inuit. Im Zuge der Kolonisierung und der Christianisierung durch europäische Missionare wurde der Kehlkopfgesang jedoch als „heidnisch“ eingestuft und weitgehend unterdrückt. Viele indigene kulturelle Praktiken, einschließlich des Kehlkopfgesangs, wurden bis in die 1960er Jahre hinein verboten und unter Strafe gestellt. In dieser Zeit gingen viele traditionelle Elemente der Inuit-Kultur beinahe verloren.
Katajjaq heute: Dekolonisierung und kulturelle Wiederbelebung
Für die heutige Generation indigener Musikerinnen ist der Kehlkopfgesang nicht nur ein musikalischer Ausdruck, sondern auch ein Akt des Widerstands und der kulturellen Wiederbelebung. Der Gesang ist zu einem Symbol der Dekolonisierung geworden, indem er den Prozess der kulturellen Assimilation hinterfragt und die Rückbesinnung auf indigene Traditionen fördert. Während sie den Kehlkopfgesang mit großem Respekt vor den traditionellen Formen pflegen, entwickeln moderne Künstlerinnen ihren eigenen Stil weiter, um diese uralte Musikform lebendig zu halten. Der Kehlkopfgesang wird so Teil einer sich ständig verändernden, dynamischen Kultur, die sowohl ihre Wurzeln ehrt als auch auf die Zukunft ausgerichtet ist.
Katajjaq ist heute weit mehr als ein bloßer musikalischer Ausdruck – es ist ein Mittel der kulturellen Selbstbehauptung und des Stolzes, das die Identität und Widerstandskraft des Inuit-Volkes repräsentiert.
Vielen herzlichen Dank auch an die wunderbaren Gastmusiker Rupert Volz und Paul Amrod. Sie haben die Stücke maßgeblich mit beeinflußt! Die Stücke wurden nie veröffentlicht und sind nur auf dieser Website zu hören. Die Arbeit an diesen Songs hat mir großen Spaß bereitet, mich inspiriert und meinen Horizont erweitert! Danke an alle!
Kayley: Vocals
Tiffany: Vocals
Hubl: Keys, Perc
Rupert: Vocals
Paul: Keys